Die Hoffnung, daß auch Albanien Spuren in unserem Leben hinterlassen wird, hatten wir natürlich schon vor unserer Abreise. Wie tief und berührend unsere Erlebnisse sein werden, konnten wir nicht ahnen, sind wir doch eigentlich in Europa unterwegs gewesen.
Doch weit gefehlt! Geographisch waren wir vielleicht im Süden bis Südosten von Europa, aber eigentlich fühlten wir uns ein wenig in Asien. Zugegeben, niemand hatte hier mandelförmige Augen, die Millionen von Mopeds waren auch nicht auf der Straße und die Kulinarik hob sich definitiv von Asien ab. Die Herzlichkeit der Menschen, die Gastfreundschaft, die Offenheit Fremden gegenüber, die gleichen Straßenbaukünste, was Aufbau und Zustand in Form von Schlaglöchern und Schotter betrifft, der Lehm, die Spurrillen und der Schlamm auf den Pisten und nicht zuletzt die irre Hitze erinnerten uns jedoch massiv an Asien.
Aber wo waren wir jetzt wirklich? Was haben wir entdeckt?
Albanien, ein Land vor dem uns bei unserer Abreise Alle gewarnt haben! Doch warum wird dieses Land noch immer an seiner schrecklichen Geschichte, die nun doch schon einige Jahre bis fast Jahrzehnte zurück liegt, gemessen? Wieso bekommt dieses Land und vor allem die großartigen Menschen keine objektive Chance?
Alle die uns kennen, wissen, daß wir nicht viel auf die Meinung Anderer geben und uns gerne unsere eigene Meinung bilden! Und so war es auch in Albanien. Wir sind mit offenen Herzen in das Land gefahren. Zugegeben mit dem Motorrad und nicht mit unserem Bus und Anhänger, denn der wird uns in Albanien 100%ig gestohlen – so die wohlwollende Warnung Aller, mit denen wir über unsere Reise gesprochen haben. Und so offenherzig wie wir den Albanern gegenübergetreten sind, so offenherzig wurden wir auch empfangen. Wir wurden mit Gastfreundschaft regelrecht überschüttet und aufgenommen, wie die verlorenen Kinder die endlich heimkehren. Keine Sekunde hatten wir ein schlechtes oder mulmiges Gefühl, keine Sekunde irgendeine unangenehme Situation – von der Schwierigkeit der Dirt Tracks einmal abgesehen! 😉 Und offen gesagt, würde ich das nächste Mal mit dem Bus und Anhänger direkt nach Albanien fahren und mit offener Türe und steckendem Zündschlüssel stehen lassen. Bei unserer Rückkehr nach dem Urlaub zum Bus wären dann zwei Sachen anders: Der Bus wäre geputzt und neben dem Bus würde ein Albaner sitzen und uns mitteilen, daß es ihm eine Ehre war, unseren Bus zu bewachen!
Vielleicht liegt es an der Armut, die ein Kollektiv noch möglich macht. Vielleicht ist es der Wohlstand in unseren Breiten, der Neid, Geiz, Egoismus und Überheblichkeit hervorbringt und ein Miteinander unmöglich macht. Doch genau dieses Miteinander, dieses auch für den Anderen da sein, dieses gegenseitig helfen und auch einmal zurückstecken haben wir hier wieder gefunden.
Wir sind dankbar für alle Begegnungen mit den Albanern und für alle Erlebnisse! Auch wenn die Sprache hier, so wie in Asien, eine massive Barriere dargestellt hat, hat uns diese Reise tief berührt!
Zugegeben, ich bin schon wieder zu Hause, als ich diese Zeilen schreibe, doch bei den Gedanken an die Reise werde ich sentimental …
Aber jetzt ein wenig die chronologische Aufstellung unserer Gedanken – natürlich wie immer ohne Gewichtung der Reihung:
1. Asien
Wie schon erwähnt, weißt Albanien für uns ausgeprägte Parallelen mit Asien auf. Das bezieht sich sowohl auf die Gastfreundschaft und Offenheit der Albaner, als auch auf den Aufbau und Zustand der Straßen, als auch auf die Beschaffenheit der Pisten. Und es ist ähnlich heiß … 😉
2. Lavazh
Das Auto, und hier hauptsächlich der Mercedes, hat einen irren Stellenwert in Albanien. Dementsprechend muß das gute Ding auch gepflegt werden! Und daher gibt es überall „Lavazh“ – Waschplätze. Die steigern sich dann von „Lavazh“ über „Lavazh special“ (mit Innenreinigung), weiter zu „Lavazh special Bar/Kafe“ (selbsterklärend) zu „Lavazh special Restaurant“! 😆
3. Straßenverkehr
Wie in Asien und Marokko, fährt man einfach los. Der Blick in den Rückspiegel würde nur verwirren und zu viel Kapazität kosten. Da aber auch hier jeder auf jeden aufpaßt, Alle entsprechend langsam und vorausschauend fahren, stellt das nie ein Problem dar. Und ich muß zugeben, daß ich mich nach ein bis zwei Wochen auch dabei ertappt habe, einfach loszufahren. Das wurde mir zurück in Österreich jedoch wieder sehr lautstark hupend abgewöhnt … 😆
Auch auf den Pisten war es ein großes Miteinander. Alle haben Rücksicht genommen und zu unserem Glück wurden wir auch immer vorbei gelassen.
4. Gestik
In ganz Albanien winken die Kinder und Männer immer zurück, nur die Frauen schauen meistens weg, oder wie die „Kuh vorm Bus“ … 😆
5. Besser als jedes Gefahrenzeichen
An allen Bergstraßen und auf allen Pisten finden sich die Gedenkstätten mit Fotos am Straßenrand. So traurig und schicksalsbehaftet diese Unfälle auch waren, veranlassen die Gedenkstätten doch jeden Vorbeifahrenden das Tempo zu drosseln und wirken damit besser, als jedes Gefahrenzeichen.
6. Mercedes
Sie würden keine „Pickerlüberprüfung“ mehr positiv bestehen und bei jeder Polizeikontrolle müßte man sofort die Kennzeichen abgeben, doch hier verrichten die alten Mercedes noch einen wertvollen Dienst. Unglaublich, wo die Albaner mit ihnen überall „herumkraxeln“! Es muß aber ein Mercedes sein – andere Marken sehen wir so gut wie gar nicht!
7. Wichtigkeit
Wenn wir die Albaner beobachten, haben wir das Gefühl, daß als Erstes ein Mercedes angeschafft werden muß. An zweiter Stelle kommt dann das Smartphone und wenn diese beiden Punkte erledigt sind, wird zusammen eine Moschee gebaut! 😀
8. Quellwasser
Egal wo wir in Albanien hingekommen sind, sprudelte überall köstliches Quellwasser aus den Bergen. Das hätten wir ehrlich gesagt, am wenigsten erwartet …