Eine furchtbare Nacht liegt hinter mir.
Unmittelbar über unserem Zimmer befindet sich eine Karaokebar, die bis um 2 Uhr in der Früh Vollbetrieb hat. Und neben meinem Bett wirbt ein Gekko mit seinem grillenartigen Gesang um meine Gunst! Der wiederum um 5 Uhr in der Früh vom Propagandalautsprecher vor unserem Fenster mit der Vietnamesischen Hymne und dann mit dem Programm des Tages abgelöst wird. Ich bin einfach nur hin!!!
Also auf zur Suppe, denn die hilft immer! Dabei versenke ich fast die Honda, denn nach so einer schlaflosen Nacht wird so ein Brett verdammt schmal … 😉
Wir fahren wieder zu unserem Lokal von gestern, doch es gibt keine Suppe. Alle Gäste von gestern Abend sitzen zwei Lokale weiter bei der Suppe und deuten uns, wir sollen hier essen. Was wir auch machen.
Und die Suppe ist wirklich lecker.
Schweren Herzens verabschieden wir uns und fahren weiter.
Zuerst über die große Brücke …
… und dann entlang des Stausees.
Es geht nach Norden auf der Bundesstraße 12.
Er fährt die gleiche Strecke.
Dann folgen wir kurz der Bundesstraße 6.
Um hinter diesem Ort …
… nach rechts in die Berge abzubiegen.
Auf einem einspurigen Sträßchen schrauben wir uns nach oben.
So richtig nach oben.
Der Himmel ist heute bewölkt.
Reisterrassen tief unter uns.
Wir machen eine kurze Pause um die Aussicht zu genießen.
Je höher wir kommen, desto windiger und kälter wird es.
Und in 1.100 Metern Höhe tauchen wir in die Wolken ein.
Anfänglich ist das wildromantisch, doch je weiter wir fahren, desto dichter werden die Wolken und unsere Sicht geht gleich Null.
Sie dürfte daran gewöhnt sein … 😉
Alles Handarbeit!!!
Da Sonja in ihrem Meshgewand langsam erfriert, zieht sie sich ihre Regenüberjacke an, und ich mache alle Lüftungsreissverschlüsse zu.
Wir pendeln ständig zwischen 1.400 und 1.600 Metern Höhe. Und sehen genau: Nichts!
Plötzlich mache ich eine Notbremsung. Ich sehe auf meinem Bremsschlauch einen kleinen Tropfen hängen und an der Verpressung steht Flüssigkeit. Das darf doch nicht wahr sein, daß jetzt auch noch die Vorderradbremsleitung undicht wird!!! Doch Entwarnung, es ist „nur“ Kondenswasser, das sich hier am Schlauch gebildet hat und dann zur Passung hinuntergeronnen ist! 😯
58 Kilomter sind es noch bis Lai Chau. Und die verfahren wir fast komplett in den Wolken. Bei strahlend blauen Himmel muß diese Strecke wirklich etwas ganz Besonderes sein – aber so …
Es beginnt der Abstieg nach Lai Chau.
Ein unbenannter Ort mitten im Nirgendwo …
Still überlege ich, welches Glück wir haben, nicht hier geboren worden zu sein …
Nach dem Ort geht es trostlos weiter.
Sonja sieht mittlerweile gar nichts mehr, da ihre Brille ständig auf der Außenseite beschlägt.
Das bleibt mir durch den minimalen Fahrtwind erspart, doch wegen der Wolken sehe ich auch nicht viel mehr … 😉
Noch trennen uns 45 Kilometer von Lai Chau.
Werde ich von Euch satt? 😛
Sie sind offensichtlich an das Wetter gewöhnt!
In 1.000 Metern Höhe fallen wir wieder aus den Wolken, wärmer wird es leider trotzdem nicht.
Dafür sehen wir jetzt wenigstens ein wenig von der Landschaft.
Diese Straße wird auch nicht mehr lange leben!
Den tiefhängenden Wolken entkommen wir noch immer kaum.
Dafür erreichen wir eine 20 Kilometer lange Baustelle! Es erwartet uns Matsch, Matsch und Matsch. Wärmer wird mir auch hier nicht. Ich bin durch die Feuchtigkeit komplett durchgefroren!
20 Kilometer geht es so dahin … 😯
Flottes Vorankommen ist Fehlanzeige!!!
Langsam wird die Strecke etwas besser.
In einer Kehre bleibe ich stehen, verpacke Sonja in ihre in Hanoi gekaufte Daunenjacke und die Regenüberhose und zippe mir meine Goretexmebrane ein. Lange habe ich vor unserer Abreise überlegt, ob ich sie mir überhaupt mitnehmen soll, und jetzt brauche ich sie tatsächlich. Nur in die Hose will ich mir die Membrane nicht einzippen. Mir ist zu kalt, um mich komplett auszuziehen … 😉
Meine Goretexinnenjacke.
Freude pur … 😉
Dafür können wir Lai Chau schon erkennen.
Etwas besser verpackt fahren wir weiter.
Lai Chau kommt langsam näher.
Besser als Nichts …
Die Baustelle will einfach nicht enden!
Eine fast fertige Straße. Welch Wohltat!!! 😎
In Lai Chau kaufen wir uns eine Suppe und da sich uns die Schönheit des Ortes genausowenig erschließt, wie die Tatsache, daß das der heißeste Ort von Vietnam sein soll (es hat aktuell 15 Grad), beschließen wir kurzerhand die 70 Kilometer bis Sa Pa, den kältesten Ort in Vietnam weiterzufahren.
Wir verlassen Lai Chau.
Ein großes Problem für mich sind diese Schilder. Ich weiß, daß wir uns jetzt in einem Ort befinden, aber es steht nie der Orstname auf der Tafel, was die Navigation nicht unbedingt vereinfacht. Zum Verringern der Geschwindigkeit veranlassen diese Schilder aber definitiv Niemanden!!! 😉
Unsere Strecke führt uns über den Deo Tram Tom, die Wetterscheide in Nordvietnam, die Lai Chau (den heißesten Ort) von Sa Pa (den kältesten Ort) trennt. Heftiger Verkehr begleitet uns und es schüttet wie aus Kübeln, was bei unseren offenen Motocrosshelmen wahre Freude aufkommen läßt. Wie war das jetzt noch mit meiner Goretexmembran für die Hose? Mir rinnt das Wasser über die Oberschenkel, durch die Unterhose, weiter über die Unterseite der Oberschenkel und Waden, in die Stiefel! Ein berauschendes Gefühl!
Ständig laufen wir auf LKWs auf, die alle wie die Henker fahren. Sie fahren einfach über beide Spuren, oder nur auf der Linken, wie es ihnen gerade paßt. Wenn ihnen jemand entgegenkommt, muß er selbst schauen, wie er von der Straße kommt, denn der LKW weicht nicht aus. Die Fahrer sitzen meist sehr relaxt mit dem Handy am Ohr hinterm Steuer. Sie sind groß, sie sind stark und ihnen gehört die Straße! 😉
Ich habe echt Respekt vor den Dingern, denn die LKWs sind riesig – viel größer und furchteinflößender als unsere LKWs. Aber wir kämpfen uns durch. LKW um LKW wird überholt und das noch immer mitten im Regen. Die Sicht geht teilweise gegen Null! Nachfahren ist jedoch auch keine Option, da sie sehr viel Dreck hochreissen und die Sicht damit nocheinmal verschlechtern.
Wir erreichen den Deo Tram Tom auf 1.960 Meter Höhe. Jetzt sind wir so richtig durchgefroren. Wir sind in den Wolken und es schüttet. Wie war das mit unserer Winterflucht ins heiße Vietnam? Bei mir werden Erinnerungen an den Col d’Izoard wach, als es am Paß zu schneien begonnen hat!!! Doch das bleibt uns heute wenigstens erspart.
Wir erreichen Sa Pa und da es auf 1.500 Metern Höhe liegt, wird es hier auch nicht wärmer!
Sa Pa ist ein riesiger Touristenort. Eigentlich nichts Besonderes, nur endet hier die Bahn und somit haben die Touristen die Möglichkeit, über Sa Pa ins umliegende Bergland zu kommen. Für uns ist es eigentlich nur Zwischenstop für die Fahrt weiter in den Norden, doch ich sehne mich nach einer heißen Dusche und einem warmen Bett!!!
Wir werden sofort von lauter Keilern auf ihren Mopeds belagert, die uns Hotels aufschwatzen wollen. Ich gebe Gas und entkomme dieser Belagerung. Dann parke ich vor einem kleinen Hotel und die Betreiberin fragt mich sehr nett und freundlich, ob sie mir helfen kann. Wir schauen uns ihr Hotel an, doch es ist genauso graußlich, wie das von letzter Nacht. Mir steht aber der Sinn nach einer wirklich schönen Unterkunft!!!
Sie besitzt mehrere Hotels und so begleitet sie uns zu einem Anderen, etwas außerhalb des Zentrums. Und das ist super nett und schön. Neu gebaut und in netter Lage. Wir verlieben uns sofort und beziehen das Zimmer. Da der Heißwasserboiler leider noch eine halbe Stunde zum Aufheizen braucht, drehen wir uns die Heizdecke im Bett auf und verschwinden unter der großen Bettdecke … 🙂
Luxus pur!!!
Um 18 Uhr fahren wir Abendessen. Irgendwie graußlich, die nassen und kalten Motorradklamotten wieder anzuziehen …
In dem Ort ist Alles touristisch! So gar nicht das, was wir suchen.
In einer einsameren Quergasse finden wir ein Lokal mit „Com“ (Reis). Wir schauen hinein und es gibt eine riesige Theke mit Beilagen, von Gemüse bis Fleisch. Und im Lokal sitzen nur Vietnamesen! Hier sind wir richtig!!! Wir stellen uns zwei große Portionen zusammen, bestellen uns zwei Flaschen Bia Ha Noi und schlemmen.
Der erste Lichtblick in Sa Pa!
Beim Bezahlen, wollen sie uns bescheißen. Typisch Touristenort!!!
Sonja regt sich auf, doch ich will mir den Abend nicht zerstören lassen.
Wir fahren noch an der französischen Bäckerei vorbei und dann zurück zum Hotel. Noch immer mitten in den Wolken!
Ich darf die Honda in der Lobby parken und will schon über die zwei Stufen nach oben fahren, da bringt mir die Rezeptionistin die Metallrampe. Das macht es dann doch einfacher. Ich bin froh, daß die Honda nicht auf der Straße steht, habe aber ein wenig schlechtes Gewissen, wegen dem ganzen Dreck in der Lobby …
Wir kuscheln uns wieder unter die große Decke! Natürlich mit Daunenjacke … 😉
Und beiden Heizmatten auf höchster Stufe, denn Heizung gibt es im Zimmer keine … 😉
Jetzt haben wir einen ganzen Tag in Wolken verbracht!
So fühlt es sich also an, ein Engel zu sein …
Das habe ich mir, naiv wie ich bin, wärmer vorgestellt!!! 😯
kochen die alle nicht selbst, dass es so viele suppenküche gibt? oder haben die einfach keine kochmoglichkeit zu hause?
Sie kochen schon auch selbst. Die Suppenlokale sind einfach eine unkomplizierte Art, Gut und Günstig Essen zu gehen. Und haben natürlich auch einen gesellschaftlichen Wert. 😉