In der Nacht bekomme ich Schüttelfrost und anschließend Fieber. Eine schlaflose Nacht, die viel Kraft kostet! Ich habe mal wieder einen Sonnenstich …
In der Früh bin ich fertig! Aufstehen fällt schwer und ich habe ein schlechtes Gewissen, denn wegen meiner Idee, den nördlichen Ho-Chi-Minh-Trail (HCMT) zu fahren, sind wir in Vieng Thong geblieben. Die 90 Kilometer Straße nach Lak Xao hätten wir gestern locker noch geschafft und hätten wieder einen Tag eingeholt.
Wir gehen Suppe essen und packen danach alles auf die Suzuki. Bei der Kreuzung, wo Laurents Route weitergeht, bleibe ich stehen. Geradeaus sind wir in 1,5 Stunden in Lak Xao. Links geht es 170 Kilometer auf ungewissem Untergrund, da diese Strecke auf unserer Karte schon lange nicht mehr eingezeichnet ist, nach Lak Xao.
Gegen die Vernunft biege ich links ab, in der Hoffung, daß uns der Asphalt noch länger erhalten bleibt.
Einer von vielen „Landslides“ – Erdrutschen während der Regenzeit, die die Straßen und Pisten unter sich begraben.
Der Asphalt bleibt uns auch die ersten 18 Kilometer erhalten. Wir düsen flott dahin. Die Wolken die uns umschließen lichten sich langsam und geben den Blick auf die umliegenden Berge frei.
Wir erreichen eine Brücke. Der Laote auf seinem Mopped nimmt die linke Spur, was ungewöhnlich ist. Ich fahre rechts und mache sogleich eine Notbremsung, denn hier fehlt ein Teil der Bretter auf der Brücke!!! Das wäre fast schiefgegangen.
Wir hätten natürlich auch die Furt nehmen können … 😉
Auch die Jäger sind unterwegs.
Gejagt werden hauptsächlich kleine Vögel.
Wir erreichen die Piste. Sie ist in einem passablen Zustand und wir kommen immer noch gut voran.
Plötzlich taucht wieder ein Schranken vor uns auf. Straßensperre!!!
„Hier geht es nicht nach Lak Xao!“ Stimmt ja auch, wenn man am kürzesten Weg dorthin will …
Wir wollen über den Ho-Chi-Minh-Trail (HCMT). Das kann ich den Uniformierten jedoch mit Händen und Füssen nicht erklären. Sie erwähnen einen Ort der vor uns liegt und wir ergreifen die Chance und machen ihnen klar, daß das unser Ziel ist. Alle nicken und wir verstehen uns.
Sie kontrollieren unsere Pässe und ich muß unsere Namen und „Austria“ in ein Formular eintragen. Ein paar mal freundlich lächeln, nicken und mit einem „Khoptschai lailai“ (Danke vielmals) geht es weiter.
Wir befinden uns wieder in einem Nationalpark.
Die Piste wird deutlich schlechter und anspruchsvoller.
Landschaftlich dafür viel verwunschener …
… und interessanter.
Eine Mischung aus Dschungel und Wald.
Viele Furten.
Staub, Sand, Schlamm, Auswaschungen, Schotter …
Alles wovon wir Enduristen so träumen … 😀
Bei den Furten lassen wir uns bewußt Zeit. Wir suchen uns in Ruhe die beste Linie. Doch manchmal passiert es, so wie hier, daß wir am Ende der Furt trotzdem an der tiefsten Stelle landen.
Da haben es die Wasserbüffel deutlich leichter und entspannter.
Die Piste schlängelt sich nun einspurig dahin.
Bis wir plötzlich vor einem Fluß stehen.
Unser erstes echtes „River crossing“. Ich versuche es mit Sonja hinten drauf, doch bleibe ich an den großen Steinen unter Wasser hängen. Sonja muß absteigen und verliert dabei ihren Sitzpolster, der sie treu seit Pakley begleitet hat. Wir sehen ihn davontreiben … 🙁
Und auch wir werden fast davongespült. Sonja kann sich mit viel Schräglage gerade noch auf den Beinen halten …
Auch ich kämpfe gegen die Strömung an und versuche mir die beste Linie zu suchen.
An den großen Steinen bleibe ich leider oft hängen, wodurch mir der Motor abstirbt. Jetzt spüren wir zum ersten Mal die Auswirkungen der „zu kleinen“ Batterie. Sie will langsam nicht mehr!!! Aber wenigstens habe ich schon Halbzeit der Durchquerung … 😉
Auch der Laote kämpft mit der Strömung und kann sich kaum auf den Beinen halten.
Ich quäle mich ab, während die Laotin gemütlich ihr Moped und die Wäsche wäscht.
Aber sie macht wenigsten Platz, damit ich aus dem Fluss fahren kann.
Geschafft!!! Wir sind drüben. Gute Haltungsnoten bekommen wir dafür nicht, aber das ist auch nicht entscheidend. 😉
Wieder auf der Piste machen wir Pause und leeren das Wasser aus unseren Stiefeln … 😀
Die weitere Piste ist breit und staubig.
Und in einem schlechten Zustand. Hier gab es sehr viele Erdrutsche.
Wilde Bienen oder Wespen.
Angekommen! Wir sind am nördlichen HCMT! 😀
Wenig befahren, aber dafür noch halbwegs breit.
Der Greifvogel kreist eine lange Zeit über uns. Ob das was zu bedeuten hat?
Wenn nicht Staub und Sand, dann Wasser … 😉
Hier haben die Laoten (Chinesen, Thailänder oder wer auch immer) scheinbar Größeres vor …
Wir erreichen einen komischen Ort, der nur aus einer enorm breiten Piste und ein paar Holzhütten besteht. Wir tanken aus dem Faß und fahren weiter. Hier bleiben wollen wir definitiv nicht …
Ab jetzt wird der HCMT sehr schlecht. Viele Steine, extreme Steigungen, Schlamm und unzählige Wasserdurchfahrten.
Productplacement? Auch wenn meine 950er viel zu schwer für das Terrain hier ist, sie fehlt mir …
Wir rutschen, klettern, stürzen, kämpfen uns wieder hoch, können kaum stehen, so rutschig ist der Schlamm, stürzen wieder …
Eigentlich dachte ich, daß es, je südlicher wir kommen, umso trockener und heißer wird. Momentan wird es nur kälter und feuchter.
Aber es sind nur mehr 50 Kilometer, ein beruhigendes Gefühl!!!
Dort wo die Sonnenstrahlen hinkommen, ist die Piste wenigstens trocken.
Im Schatten sieht das dann gleich wieder anders aus.
Kleine Orte mitten im Nirgendwo.
Dann stehen wir vor dem nächsten Fluss.
Ein Frau steht bis zu den Hüften im Wasser. Das ist zu tief für uns, so würden wir Wasser in den Motor bekommen.
Aber links von uns wartet schon ein Laote mit seinem ausgehölten Baumstamm, um uns auf die andere Seite zu rudern.
Ich weiß nicht so genau, was ich machen soll. Also schiebe ich die Suzuki auf das Boot und klappe den Seitenständer aus.
Doch der Laote wirkt unglücklich.
Wir sind die Sensation des Tages.
Ein Helfer kommt, setzt sich auf unsere DRZ, klappt den Seitenständer wieder weg und stablisiert sie mit den Beinen am Bootsrand. Okay, ich hätte darauf sitzen bleiben dürfen! Sagt einem ja niemand … 😉
So ganz vertraue ich der Methode aber nicht und halte die Suzuki von hinten.
Da ich es auf der anderen Seite nicht schaffe, auf das wackelige Boot zu steigen, den mittlerweile wieder ausgeklappten Seitenständer einzuklappen und runterzufahren, gehe ich einfach nebenher und fahre sie so runter.
Sie wollen 100.000 kip. Ich gebe ihnen 70.000 kip, das muß auch reichen.
So wie die beiden lächeln, haben wir mindestens das Doppelte bezahlt … 😉
Auf der weiteren Strecke büßen wir unsere Sünden ab. Es geht noch steiler bergauf und das Alles mitten im Schlamm. Stehen auf der Piste geht gar nicht – es zieht einem sofort die Füße weg – fahren manchmal – bis wir uns den Schlamm wieder aus der Nähe ansehen … 😉
Der einzig fahrbare Teil der Piste ist ein schmaler Steg in der Mitte. Der ist jedoch nach außen gewölbt und durch den nassen, komprimierten Staub rutschig wie Schmierseife. Daher rutscht uns immer das Vorderrad oder das Hinterrad und manchmal auch beide Räder gleichzeitig in die Rinne daneben. Und schon liegen wir wieder da.
Doch langsam entwickelt sich Routine … 😀
Wir stürzen, ziehen unsere Beine unter der Suzuki heraus und versuchen aufzustehen, was bei dem rutschigen Boden gar nicht so einfach ist. Mit wackeligen Beinen, kämpfend nicht gleich wieder zu stürzen, heben wir die Suzuki zurück auf den Steg. Der Schlamm in den Rinnen ist zu tief um dort weiterzufahren. Dann warten, bis der Motor wieder anspringt, denn natürlich läuft jedes Mal Benzin in den Zylinder und hoffen, daß die Batterie durchhält …
Der Motor läuft.
Die Freude ist jedoch nur von kurzer Dauer, denn einige Meter weiter beginnt das Spiel von Neuem.
Uns kommen zwei Laoten auf ihren Mopeds entgegen, während wir mal wieder auf der Piste liegen. Sie meinen, meine Reifen wären super – ich meine, ihre kleinen und leichten Mopeds wären super – wir lachen und weiter gehts.
Wieder Bodenkontakt! Danach der Blick auf das GPS wie weit wir noch haben. Nur mehr 35 Kilometer!!! Sehr beruhigend … 😀
Links vorbei oder oben drüber???
Sonja geht zu Fuß voraus und macht Fotos.
Ich entscheide mich, über den Hügel zu fahren.
Und rutsche auf der anderen Seite hinunter …
So abgelegen kann die Piste gar nicht sein, daß wir niemandem begegnen.
Wir mühen uns mit dem Motorrad über den HCMT. Unglaublich, wenn man bedenkt, daß hier riesige Truppenbewegungen stattgefunden haben.
Erfrischendes klares Wasser. 😀
Neugierde.
Und traumhafte Ausblicke.
Aber nur für Sonja, denn meine Aufmerksamkeit gehört dem HCMT.
Auf kurze Entspannungsetappen warten wir vergebens.
Die Laoten haben ihr Moped im Fluss versenkt. Also heben sie es zu dritt hoch, drehen es in der Luft um und leeren das Wasser aus dem Motor. 😀
Auch wir werden ordentlich naß …
Wir passieren einen Bagger. Danach ist die Piste eine einzige zerfurchte Schlammspielwiese.
Ich kann nicht mehr, denn das Fieber der letzten Nacht hat mich zu viel Kraft gekostet, aber es gibt kein zurück. Wir „kämpfen“ uns durch! Ohne gute Haltungsnoten, aber dafür auch ohne Sturz.
Nicht nur einmal hört Sonja von mir: „Ich sch…. drauf!!!!! Ich kann nicht mehr!!!!!!“ 😉
Unglaublich, wie Kräfte zehrend ein paar Kilometer unter solchen Bedingungen sind.
Und kein Ende in Sicht …
Doch plötzlich:
Die Piste ist zwar noch zerfurcht, aber trocken!!!!
Das Tal in Richtung Lak Xao.
Dafür wird die Piste jetzt staubig.
Aber alles noch besser als Schlamm!!!
Die ersten Reisfeldterrassen tauchen wieder auf.
Der Staub ist heimtückisch. Ähnlich teuflisch wie Fesch-Fesch in Afrika. An bremsen oder lenken ist kaum zu denken, denn sofort rutscht das Vorderrad weg …
Und die Staubfahnen halten sich ewig lange in der Luft. Langsam können wir aufgrund der Staubfahne auch schon einschätzen, auf welches Fahrzeug wir gleich auflaufen werden … 😉
5 Kilometer vor der Asphaltstraße wird die Piste plötzlich besser und wir düsen mit über 50 km/h dahin. Ich gebe zu, ich will nur mehr ins Hotel.
Lak Xao ist auch nicht wirklich sehenswert, aber es gibt ein Hotel mit großem Zimmer, großem Bad und ordentlichem Wasserdruck!!!
Abendessen gestaltet sich aus gegrillter Ente, Reis und Beerlao.
Auch Sonja wirkt glücklich …
Lecker!!!!
scharfe Chilisauce
😉
What a day!!!!
Eine Bäuerin kommt vorbei und verkauft Mandarinen.
Und ich warte auf die nächste Ente … 😉
Ich habe mal eine Aussage über die Rallye „Dakar“ gehört: „Wenn Du glaubst, Du hast sie geknackt, dann warte auf den nächsten Tag, denn der wird noch härter!“
Natürlich kann man unsere Reise nicht vergleichen, aber ein wenig kommt es mir schon so vor, denn jeder Tag wird härter …