Gedanken zu Laos

Laos hat uns tief berührt – sehr tief berührt! Doch was hat uns dort so verzaubert und in seinen Bann genommen? Was hat unsere Denkweise beeinflusst? Wo sind die wahren Unterschiede zu unserer Welt? Wieviel braucht es um glücklich, oder besser gesagt, zufrieden zu sein? Würde ein Laote überhaupt mit uns tauschen wollen?

Viele Fragen gehen mir nach unserer Rückkehr durch den Kopf. Manche habe ich mir schon in Laos gestellt, andere erst hier, in unserer kleinbürgerlichen und engstirnigen Welt.

Ich lasse Euch einfach mal an meinen Gedanken teilhaben. Die Reihenfolge beruht nicht auf meiner Wertigkeit, sondern entstand einfach per Zufall … vielleicht bis auf den ersten Punkt!!! 😉

1. Lösungen statt Probleme

Wir stehen immer vor Problemen in unserer Denkweise. In Laos denkt man jedoch in Lösungen, vielleicht nicht heute, aber spätestens morgen, oder nach einer Dusche oder einem Beerlao … 😉 Die Lösung ist, laut unserem Verständnis, auch nicht immer technisch perfekt, aber sie sichert auf jeden Fall ein physisches oder psychisches Weiterkommen!

2. Laos ist ein großes Miteinander

Ist der Marktstand nicht besetzt, verkauft die Frau vom Nachbarstand die Waren. Ist an der Rezeption vom Guesthouse niemand, kümmert sich die Frau vom Geschäft vis-à-vis um die Schlüsselvergabe. Neid ist in Laos nicht verbreitet und auch die „Ich-AG’s“ unserer Breiten gibt es hier nicht. Dies ist sicherlich ein positiver Nebeneffekt des Kommunismus, der in Laos herrscht. Doch es entsteht eine angenehme Atmosphäre, die wir in unserer Welt schon längst vergessen haben.

Auch innerhalb der Familien funktioniert der Generationenvertrag. Hier heiratet man nicht nur die Frau, sondern die gesamte Familie!!!

3. Kennenlernen und Heiraten

Bei uns, wenn es schnell gehen soll eine Sache von maximal einem Monat ab erstem Date. In Laos ein Unterfangen von mindestens einem Jahr, bis man alle Stempel, Formulare, behördlichen Interviews, etc. beisammen hat.

Das Kennenlernen geht dafür recht sachlich-nüchtern über die Bühne. Ein Kennenlerntermin, an dem der Reihe nach jeder sein Leben offen legt. Angefangen bei Namen und Alter, über Beruf, Jahreseinkommen, Kontostand, Wohnsitz und sozialen Gegebenheiten, bis zu persönlichen Vorlieben, Abneigungen und Hobbies. Sollten Gemeinsamkeiten vorhanden sein und weiteres Interesse bestehen, gibt es einen neuerlichen Termin. Hier kauft man(n) keine „Katze im Sack“ … 😉

4. Laoten sind freundlich und offen

Wir sehen schon skurril aus mit unserer Schutzkleidung auf der „großen“ Suzuki. Daher schauen anfänglich fast alle Laoten, als hätten sie zwei Außerirdische vor sich. Und ehrlich gesagt, mir würde es in ihrer Welt auch nicht anders ergehen …

Nach einem „Sabai Dii“ und einem großen Lächeln ist die Furcht jedoch überwunden und sie lächeln zurück. Das Eis ist gebrochen und von jetzt an scheitert die Kommunikation nur mehr an meinen nicht vorhandenen Sprachkenntnissen. Aber mit Händen und Füßen, deuten und lachen verstehen wir uns trotzdem.

Sie halten Distanz, mehr psychisch als physisch. Ich habe den Eindruck, sie sind an uns interessiert, wollen aber nicht stören. Anders ist es beim Distanzempfinden. Diesen „Intimbereich“ rund um den eigenen Körper kennen sie nicht. Wenn man irgendwo steht, kann es ohne weiters passieren, daß sich ein Laote auf „Tuchfühlung“ daneben stellt, aber ganz ohne Hintergedanke! Distanz wird hier anders empfunden.

Kinder sind noch kontaktfreudiger, als die Erwachsenen. Wir rufen ihnen fast immer „Sabai Dii“ entgegen und winken, und sie erwiedern meistens mit einem großen Lächeln im Gesicht. Manche stehen auch nur versteinert mit offenem Mund da, als hätten sie gerade zwei Aliens gesehen … 😉 Andere falten die Hände vor dem Gesicht und machen einen kleinen „Knicks“. Eine Geste die ich sehr gerne erwiedern würde, beim Fahren jedoch leider nicht kann, also nehme ich zumindest die linke Hand vor den Helm und verneige mich.

Einzig ältere Frauen sind ablehnend und reserviert. Ich führe es auf den durchlebten Vietnamkrieg zurück und die damit verbundene Ablehnung Ausländern gegenüber.

5. Beerlao

Leider hat sich Heineken hier auch schon eingekauft, doch dieses Getränk ist KULT!!!

Extrem süffig, mit einer leichten Reisnote, kommt es in 0,64 Liter Flaschen auf den Tisch. Eisgekühlt ist es die Krönung von jedem Offroadtag. Doch auch nach Städtebesichtigungen oder anderem Alternativprogramm ist es ein Genuß, ebenso am Abend beim bloggen … 😉

Wir genießen es am Abend, die Laoten starten damit aber auch schon in den Tag … 😀

Laos ohne Beerlao – UNVORSTELLBAR!!!

Es gibt auch die Versionen „Gold“ und „Dark“. Mithalten können sie mit dem Original aber beide nicht!

Und das Beste zum Schluß: Eine Flasche kostet 10.000 kip, also 1€. Ebenso wie ein Liter Benzin, auch der kostet 10.000 kip. Viele Kinder fahren mit den typischen Mopeds in die Schule, viele aber „nur“ mit dem Fahrrad. Ich sinniere darüber, ob manche Väter lieber ein Bier trinken, als den Kindern einen Liter Benzin zu spendieren … 😉

6. Tanken

Benzin gibt es überall. In und um den größeren Orten an Tankstellen. Etwas weiter außerhalb aus dem Faß. Hier wird es mit einer Handpumpe in einen durchsichten Behälter gepumpt und anschließend die gewünschte Menge per Schlauch in den Tank geleitet. Dann wird der Schlauch vom Behälter getrennt, damit auch wirklich der letzte Tropfen Benzin im Schlauch seinen Weg in den Tank findet. 😀 Zu finden sind diese „Tankstellen“ in kleinen Holzhütten am Straßenrand. Noch weiter außerhalb der Zivilisation gibt es Benzin aus Kanistern und Flaschen. Hübsch aufgereiht stehen die 1 und 0,5 Liter Flaschen auf kleinen Regalen und locken mit ihrem roten Inhalt potenzielle Kunden an.

Wenn man volltanken möchte, muß man einfach nur „TEM“ sagen und schon wird der Tank gefüllt. Bei den Tankbeträgen sind die Laoten sehr kulant. Wenn die Zapfsäule bei 50.700 kip abschnappt, wird einfach auf 50.000 kip abgerundet. Wenn sie bei 50.800 kip abschnappt, bekommt man die verbleibenden 200 kip auch noch irgendwie in den Tank. Meistens werden das dann jedoch 51.500 kip, die abermals auf 51.000 kip abgerundet werden … 😀

Der Preis schwankt an normalen Tankstellen, zwischen 9.640-10.800 kip. Aus dem Faß zwischen 10.000-16.000 kip. Und aus Flaschen geht es bis 18.000 kip pro Liter.

7. Kinder

Wer kennt sie nicht, die quengelnden Kleinkinder, die bei uns überall ihre Eltern und unfreiwillige Beiwohner an den Rand des Wahnsinns treiben. In Laos haben wir kein einziges Kind weinen, schreien, quengeln oder sonst irgendwie laut oder auffällig erlebt. Sie werden einfach von Anfang an in das tägliche Leben eingebunden. Sie sind immer mit dabei, bekommen kleine und leichte Aufgaben und werden dabei von den älteren Geschwistern betreut. Auf diese Art und Weise sind sie gefordert, bekommen Aufmerksamkeit und lernen ständig Neues. Am Anfang war es schon ein sehr skurriler Anblick an den Tankstellen, wenn die Frau, während sie den Benzin aus dem Faß in unseren Tank rinnen ließ, ihr Kind im Tragetuch am Rücken hatte. Doch auch diese Kinder waren ruhig, winkten uns zu oder beobachteten einfach nur das Geschehen. Die Kinder werden eben nicht abgeschoben, vor den Fernseher gesetzt und sich selbst überlassen …

8. Kolao

Auf vielen „Dingen“ des täglichen Lebens, vor Allem aber auf Mopeds und Klein-LKWs findet man die Bezeichnung „Kolao“. Diese Bezeichnung steht für nichts anderes, als „Korean Technology made in Lao“. Eine wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Länder um Laos zu fördern.

9. Offroad

Nach unserer Rückkehr in Vientiane haben wir lange mit Laurent, unserem Motorradvermieter, über unsere Reise und die Strapazen geplaudert. Seine Einschätzung zu Laos möchte ich hier einfach im Originalwortlaut weitergeben:

„A very good onroad rider in Europe, who races as well on the track, is a very poor offroad driver here in Lao. A normal offroad rider from Europe, is still a poor offroad rider here in Lao. A very good offroad rider, who races on the track, will start to have fun here in Lao …“

Nur gut, daß wir das nicht vorher gewusst haben … 😉

10. Es geht immer noch härter …

Es gab Momente auf der Reise, zwei um genau zu sein, in denen wir über unser Limit gekommen sind. Es waren schwierige Schlammpassagen, in denen wir kaum mehr vorwärts gekommen sind. Ein Sturz folgte dem Nächsten und als wir am Nachmittag erwartungsvoll überprüften, wie viel wir schon geschafft haben und wie viel noch vor uns liegt, kam die herbe Enttäuschung, denn wir hatten gerade einmal ein Drittel der Distanz geschafft …

11. Da ist man erst, wenn man da ist …

Nur zu oft habe ich mich dabei ertappt, mir über die Distanz der letzten Stunde eine Durchschnittsgeschwindigkeit auszurechnen und mit dieser eine voraussichtliche Ankunftszeit am Tagesziel. Das funktioniert in Europa perfekt. Hier in Laos mußten wir teilweise „schmerzhaft“ lernen, daß man ankommt, wenn man ankommt und Hochrechnungen reine Zeitverschwendung sind.

Die Pistenbeschaffenheit ändert sich fast immer nach Brücken, Fluss- oder Ortsdurchfahrten und verändert die Durchschnittsgeschwindigkeit im Extremfall von guten 60 km/h auf 3 km/h. Oft haben wir uns 30 Kilometer vor unserem Ziel schon in einem gemütlichen Guesthouse mit warmer Dusche, leckerer Suppe und einem großen Beerlao gesehen, um ein paar Meter weiter unsere Suzuki und unsere Tagträume in einem großen Schlammloch versinken zu sehen. 😉

Auf der anderen Seite wollten wir in Anbetracht der verbliebenen Kilometer an manchen Tagen aufgeben, um uns plötzlich auf einer perfekt instandgesetzten Piste wiederzufinden, auf der wir unser Tagesziel doch noch erreichen konnten.

Nach dem ersten Drittel der Reise hat sich bei mir Angst entwickelt. Sowohl vor dem was noch kommen wird, als auch ob die gesteckten Ziele erreichbar sind. Diese Angst wurde immer stärker und dominierte einen Teil der Reise meine Gedankenwelt. Doch Laos hat mich gelehrt, daß Angst keinen Sinn macht und nur den Blick für das Hier und Jetzt zerstört. Ich habe gelernt, mich auf das „Spiel“ LEBEN einzulassen und Herausforderungen als solche anzunehmen, denn nur durch sie können wir wachsen! Und wenn es wirklich nicht mehr weiter geht, taucht immer eine helfende Hand auf … 😀

12. Traktoren

Vier verschiedene Typen von Traktoren haben wir in Laos entdeckt. Die einfachste Art ist ein Motor auf einer Achse mit zwei Rädern und einer langen Stange um das „Ding“ zu steuern. An dieses Gerät wird ein Anhänger gekoppelt auf dem der Fahrer Platz nimmt und über die lange Stange steuert.

Die „bessere“ Version besitzt dann schon ein Lenkrad anstatt der Stange.

Noch eine Version „besser“ bekommt ein Fahrerhaus spendiert, um den Fahrer vor der Witterung zu schützen.

Und die „ultimative“ Version hat den Motor in der Mitte und davor und danach einen Aufbau, auf dem Passagiere und Fracht Platz finden.

Großer Vorteil der ersten und einfachen Version, ist die vielfältige Einsatzmöglichkeit. Mit einem Pflug ist der Antrieb für die Feldarbeit geeignet, er eignet sich Baumstämme aus dem Wald zu ziehen, schleppt andere Fahrzeuge ab oder ist eben als Traktor ein Fortbewegungsmittel und ersetzt in Wahrheit einfach nur den Stier …

13. Das lange Rätsel

Das Geheimnis ist gelüftet. Seit ich den asiatischen Raum kenne, frage ich mich, ob die Mädels mit normalen Socken in ihre Flip-Flops schlüpfen. NEIN, es gibt eigene Socken, die zwischen großer und zweiter Zehe einen Abnäher haben …

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