Da sitzt man im Reisebus in der zweiten Reihe, genießt die vorbeiziehende Landschaft und entspannt sich. Heute ging es zeitig los. Der Bus fuhr schon kurz nach Mitternacht los, denn wir wollen ja noch weit kommen …
Nach einem kurzen Blick auf den Fahrer ist es kurz vor 9 Uhr mit der Entspannung vorbei. Man merkt wie er mit der Müdigkeit kämpft, er ständig gähnt, diese bekannten kleinen Kopfbewegungen des Sekundenschlafes vollführt und seine Augen reibt. Um 9 Uhr setzt er beim Hotel den Blinker und hält.
Wir sind wohlbehalten angekommen – gerade noch rechtzeitig, denn nach 9 Stunden läuft auch die maximal mögliche Arbeitszeit (Fahrzeit) des Lenkers aus!
Doch wie ist das eigentlich bei uns Piloten? Auch wir wollen heute noch weit kommen und fliegen kurz nach Mitternacht los. Natürlich sind wir am Vorabend sehr zeitig ins Bett gegangen um uns auszuruhen, nur leider verhindert unser eigener Biorythmus, daß wir um 16 Uhr schon so richtig tief und fest schlafen können …
So fliegen wir los. Es ist glücklicherweise ein ruhiger Flug und um 9 Uhr kämpfen auch wir mit der Müdigkeit. Unser Vorteil ist jedoch, daß unsere glücklichen und entspannt schlafenden Passagiere davon, Dank der gepanzerten Cockpittüre, nichts mitbekommen …
Aber es sind ja nur mehr zwei Stunden bis zur Landung.
Mit diesen 11 Stunden endet auch unsere Maximalarbeitszeit in der Nacht und wir sind sicher gelandet.
In Amerika hat man dieses Gefahrenpotential bereits erkannt und eben diese Maximalarbeitszeiten bereits gesenkt – doch nicht so in Europa. Hier treten immer mehr wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund, Angestellte sind nur mehr Kostenfaktoren und Qualität, respektive „operational Elegance“ – da man beide nicht in Zahlen ausdrücken kann – uninteressant.
Mit diesem Hintergrund bereitet die EASA, die Europäische Agentur für Flugsicherheit, entgegen aller wissenschaftlichen Studien, einen europäischen Gesetzesentwurf für die Verlängerung der maximal möglichen Arbeitszeiten vor.
Kein Problem – wir Piloten sind ja Übermenschen, benötigen sowieso keinen Schlaf, können Rund um die Uhr volle Leistung erbringen, um dann nach über 22 Stunden im dichtesten Schneetreiben, bei 80 Stundenkilometern Wind eine traumhafte Landung mit nur einem Triebwerk hinzuzaubern … 😉
Natürlich sehe ich diese Situation als betroffener Pilot, der die Risken und persönlichen Konsequenzen abschätzen kann. Würdet Ihr jedoch mit dem Busfahrer jetzt nicht um 9 Uhr ins Hotel gehen, sondern noch bis 18 Uhr weiterfahren?
Zur Veranschaulichung ein kleines Video gefällig?
Ich möchte Euch daher, auch in Eurem eigenen Interesse als Passagier, ersuchen an der Petition unter www.flugdienstzeiten.de teilzunehmen.
Auf das die Luftfahrt in Zunkunft weiterhin das bleibt, was sie jetzt ist, nämlich DAS SICHERSTE UND SCHNELLSTE FORTBEWEGUNGSMITTEL!!!
Von der Vereinigung Cockpit (Pilotendachverband der Lufthansa) auch noch zur Veranschaulichung: